Kapitalanlagen mit dem Ertragswertverfahren professionell bewerten lassen
Erstellt ein Sachverständiger ein Verkehrswertgutachten für eine Immobilie, kann er dabei je nach Immobilientyp auf drei anerkannte Verfahren zurückgreifen - eines davon ist das Ertragswertverfahren. Wann dieses konkret zum Einsatz kommt, von welchen Faktoren der Ertragswert beeinflusst wird und worauf ganz allgemein zu achten ist, könnten Interessierte hier nachlesen
Das Ertragswertverfahren ist eines von drei Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien - neben dem Vergleichswertverfahren und dem Sachwertverfahren. Mit seiner Hilfe ermittelt der Immobiliengutachter den Wert einer Immobilie anhand der Erträge (Miete oder Pacht), die orts- und marktüblich mit ihr erzielt werden können. Vereinfacht gesagt wird die Miete über die verbleibende Restnutzungsdauer kapitalisiert und anschließend mit einem Risikozuschlag versehen, um den Ertragswert zu bestimmen.
Welche Vorschriften und Faktoren bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens zu berücksichtigen sind, ist in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt.
Immobilien, die eine Rendite abwerfen, werden vorzugsweise oder zusätzlich mit dem Ertragswertverfahren bewertet. Dies gilt beispielsweise für:
Auch im Rahmen der Unternehmensbewertung sowie dann, wenn es um die Wertermittlung von Immobilien mit gemischter Nutzung (Wohnen und Gewerbe) geht, ist das Ertragswertverfahren die am häufigsten genutzte Methode.
Das Ertragswertverfahren bietet insbesondere bei der Bewertung von Anlageobjekten zahlreiche Vorteile, denn hier stoßen das Sachwert- und das Vergleichswertverfahren schnell an ihre Grenzen. Da der Gutachter nicht die tatsächliche, sondern die marktübliche Miethöhe in seine Berechnungen mit einbezieht, ist das Verfahren zudem sehr praxisnah. Sachverständige haben außerdem relativ viel Spielraum, vor allem hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben.
Dass beim Ertragswertverfahren der marktübliche Mietzins berücksichtigt wird, ist zwar einerseits von Vorteil, hat aber auch Nachteile, weil steigende, sinkende oder gänzlich fehlende Mieteinnahmen nicht in die Berechnung mit einfließen.
Ein weiterer Nachteil ist, dass der ermittelte Verkehrswert einer Immobilie stark vom Liegenschaftszins abhängig ist, der jedoch nicht für jede Gemeinde vorliegt.
Die Berücksichtigung der Mieteinnahmen ist eine Schwachstelle beim Ertragswertverfahren, weil der Gutachter wie bereits erwähnt immer von der marktüblichen Miethöhe ausgeht. Vermietet der Eigentümer seine Immobilie günstiger, spricht der Experte von Underrent; ist sie überteuert vermietet, von Overrent. Im Falle von Underrent berechnet der Sachverständige den entgehenden Ertragswert des Vermieters, bis er durch Mieterhöhungen auf das marktübliche Niveau angehoben werden kann.
Um trotz der genannten Nachteile zu einem verlässlichen Ergebnis zu gelangen, greifen erfahrene Gutachter im Zweifelsfall ergänzend auf ein zweites Bewertungsverfahren zurück, je nach Immobilientyp auf das Vergleichswert- oder das Sachwertverfahren.
Das Ertragswertverfahren gehört neben dem Sachwertverfahren zu den komplexesten Wertermittlungsverfahren für Immobilien. Der Sachverständige muss bei seinen Berechnungen zahlreiche Faktoren berücksichtigen, zum Beispiel:
Eine besondere Funktion spielt der sogenannte Vervielfältiger. Der Sachverständige stellt hier vereinfacht gesagt die Frage, wie lange es dauert, bis sich die Anschaffungskosten für die Immobilie durch die Mieteinnahmen amortisiert haben. Auch individuelle Anpassungen in Form von Zu- und Abschlägen beeinflussen das Ergebnis der Wertermittlung.
Wichtig zu verstehen: Die nachfolgende Rechnung ist eine stark vereinfachte Beispielrechnung, die helfen soll, Ihnen die grundlegende Vorgehensweise des Ertragswertverfahrens zu veranschaulichen. Eine solche Wertermittlung ist in der Praxis deutlich komplexer und in manchen Fällen können Teilschritte übersprungen werden.
Der Bodenrichtwert ist der amtliche Lagewert pro Quadratmeter. Er wird vom Sachverständigen beim zuständigen Gutachterausschuss eingeholt und mit der Quadratmeterzahl des Grundstücks multipliziert. Angenommen, Sie möchten den Ertragswert Ihrer 80 Quadratmeter großen Wohnung ermitteln lassen, und der Bodenrichtwert liegt bei 650 Euro, so beträgt der Bodenwert:
Beim Rohertrag handelt es sich um die Jahresmiete - jedoch nicht um die tatsächlich erzielte Miete, sondern um den marktüblichen Mietzins. Verlangen Sie für Ihre Mietwohnung beispielsweise 10 Euro pro Quadratmeter, ortsüblich sind aber 11 Euro, so werden diese 11 Euro berücksichtigt. Der Rohertrag berechnet sich folgendermaßen:
Der Jahresrohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten, die nicht auf die Mieter umgelegt werden können, ergibt den Jahresreinertrag. Angenommen, diese Summe beläuft sich auf 2.100 Euro, so gilt:
Der Liegenschaftszins ist der marktübliche Zinssatz für den entsprechenden Immobilientyp. Er wird mit dem Bodenwert multipliziert (Bodenwert x Liegenschaftszins). Beträgt der Liegenschaftszins 5 Prozent, ergibt das in unserem Beispiel:
Die Bodenverzinsung muss vom Jahresreinertrag abgezogen werden, um den Gebäudeertragswert zu ermitteln. Im Anschluss daran wird der Vervielfältiger integriert, um den Liegenschaftszins und zugleich die Restnutzungsdauer bei der Berechnung zu berücksichtigen. Die Höhe des Vervielfältigers entnimmt der Sachverständige einer Tabelle.
Bei einem Liegenschaftszins von 5 Prozent und einer Restnutzungsdauer von 30 Jahren liegt der Vervielfältigungsfaktor für unsere Beispielimmobilie laut Bewertungsgesetz bei 15,37. Die Formel lautet:
In konkreten Zahlen:
Um den vorläufigen Ertrag zu ermitteln, addiert der Immobiliensachverständige den Wert des Grundstücks mit dem Gebäudeertragswert. Im Falle unseres Beispiels ergibt sich:
Abschließend bezieht der Immobiliengutachter individuelle Faktoren in seine Berechnung des Ertragswerts mit ein, zum Beispiel Baumängel oder mietrechtliche Einschränkungen wie ein im Grundbuch gesichertes Wohnrecht. Diese Faktoren werden in Form von Zu- und Abschlägen berücksichtigt - das Ergebnis ist der endgültige Ertragswert.
Auf Grundlage dieses ermittelten Ertragswerts wird nun innerhalb eines Verkehrswertgutachtens der Verkehrswert ermittelt. Hierzu werden die besonderen Merkmale der Immobilie berücksichtigt, welche den Verkehrswert um ein Vielfaches vom zuvor ermittelten Ertragswert abweichen lassen können. Hierzu bedarf es der richtigen Einschätzung, Gewichtung und Begründung durch einen erfahrenen Immobiliengutachter.
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ÜBER DEN AUTOR
Timo Stephan
Timo Stephan ist Experte für den Bereich Immobilienbewertung im Sachverständigenwesen. Durch seine praxisnahen, auch für Laien verständlichen Artikel, hilft er Immobilienbesitzern dabei, sich richtig zu informieren und kluge Entscheidungen zu treffen. In diesem Blog erfahren Sie mehr über seine Expertise.
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